Word: 1. Petrus

 

Der erste Brief des Petrus

Einleitung

Der heilige Petrus stammte aus Bethsaida am Galiläischen Meer. Mit seinem Bruder Andreas schloß er sich dem Heiland an, der ihn öfters auszeichnete und ihm das Oberhirtenamt in seiner Kirche verlieh. Nach der Himmelfahrt Jesu predigte er in Jerusalem, Palästina und Rom. Hier starb er im Jahre 67 n. Chr. den Martertod am gleichen Tage wie der hl. Paulus. Der erste Petrusbrief ist an die Christen in Kleinasien gerichtet. Sie lebten als Minderheit unter einer heidnischen Umgebung und hatten wegen ihres Glaubens mancherlei Leiden zu ertragen. Als oberster Hirte der ganzen Kirche schreibt Petrus diesen Brief zur Ermahnung, Tröstung und Ermutigung an sie. In begeisterter, bildhafter Sprache legt er ihnen unter häufiger Verwendung des Alten Testamentes die Heilswahrheiten vor und wendet sie geschickt auf das tägliche Leben an. Der Brief wurde um das Jahr 64 in Rom (= Babylon, 5,13) abgefaßt.

 

1 Eingang. Petrus, Apostel Jesu Christi, an die auserwählten Fremdlinge, die in Pontus, Galatien, Kappadozien, Asien und Bithynien zerstreut leben und die auserwählt sind zufolge der Vorbestimmung Gottes des Vaters durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blute Jesu Christi. Gnade und Friede werde euch in Fülle! 2: Die Christen sind von Gott dem Vater vorherbestimmt zum Glauben, in der Taufe durch den Heiligen Geist geheiligt und dazu berufen, dem Sohne Gottes zu gehorchen und sich mit seinem Blute zu besprengen, das heißt, sich von Sünden zu reinigen und zu heiligen durch Christi Blut.

 

Größe der Wohltaten Gottes

Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zur lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen, unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das im Himmel für euch aufbewahrt ist. 3: Die Christenhoffnung ist lebendig durch die Auferstehung Jesu Christi; denn diese verbürgt dem Christen die eigene Auferstehung und Verklärung. In Gottes Kraft werdet ihr durch den Glauben behütet, damit ihr das Heil empfanget, das schon bereit ist, um am Ende der Zeit geoffenbart zu werden. Darüber frohlocket, wenn ihr auch jetzt noch für kurze Zeit, wenn es sein soll, durch mancherlei Prüfungen Trübsal leiden müßt! Euer Glauben soll dadurch als echt erprobt und kostbarer erfunden werden als vergängliches Gold, das durch Feuer geläutert wird, zum Lobe, zum Ruhme und zur Ehre bei der Offenbarung Jesu Christi. Ihn liebet ihr, ohne ihn gesehen zu haben, an ihn glaubet ihr, wenn ihr ihn auch jetzt nicht schauet. Im Glauben an ihn dürft ihr mit unaussprechlicher, verklärter Freude frohlocken, wenn ihr einst das Ziel eures Glaubens, das Heil der Seele erlangt. 10 Nach diesem Heile haben die Propheten, die von der euch zugedachten Gnade weissagten, geforscht und gesucht. 11 Sie sannen darüber nach, auf welche Zeit und welche Umstände der in ihnen wirkende Geist Christi hinweise, der ihnen zum voraus die für Christus bestimmten Leiden und die darauf folgende Herrlichkeit bezeugte. 12 Ihnen ist geoffenbart worden, daß sie nicht sich selbst, sondern euch mit dem zu dienen hätten, was euch jetzt verkündet worden ist durch diejenigen, welche in der Kraft des vom Himmel gesandten heiligen Geistes euch die Frohbotschaft gebracht haben. Darin Einblick zu gewinnen, gelüstet sogar die Engel. 3-12: Frohes Selbstbewußtsein darf trotz aller Leiden die Christen erfüllen. Gott hat sie überreich beschenkt. Das Heil in Christus, wonach die Propheten sich sehnten, und die Wahrheit des Evangeliums, worin selbst die Engel eine Erhöhung ihres Glückes erkennen, ist ihr herrlicher Besitz.

 

Ermahnungen zu verschiedenen Tugenden

Gehorsam und heilige Furcht. 13 Umgürtet daher die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern, setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch bei der Offenbarung Jesu Christi dargeboten wird! 13: Wie die Wanderer, Arbeiter und Kämpfer das lange, weite Obergewand um die Hüften gürteten, um sich leichter bewegen zu können, so sollen sich auch die Christen zur Arbeit oder zum Kampf im Dienste Gottes rüsten und durch Abstreifen alles dessen, was sie hierbei hindert, ihrem Ziele entgegenwandern. — Sie müssen geistig nüchtern, d. h. vom Taumel der Sünde frei sein. 14 Seid gehorsame Kinder und gestaltet euer Leben nicht mehr nach den Gelüsten, denen ihr früher in den Zeiten eurer Unwissenheit dientet, 15 sondern seid heilig in eurem ganzen Wandel nach dem Vorbild des Heiligen, welcher euch berufen hat! 16 Es steht ja geschrieben: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig (3 Mos 19,2). 17 Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person jeden nach seinem Werke richtet, so führt einen gottesfürchtigen Wandel in der Zeit eurer Pilgerschaft! 18 Ihr wisset ja, daß ihr nicht mit vergänglichen Gütern, mit Silber oder Gold, von eurem törichten, von den Ahnen überkommenen Wandel losgekauft wurdet, 19 sondern durch das kostbare Blut Christi, dieses makellosen und unbefleckten Lammes. 20 Vor der Grundlegung der Welt ward er schon zum voraus dazu bestimmt, am Ende der Zeiten aber geoffenbart um euretwillen, 21 die ihr durch ihn an Gott glaubet, der ihn von den Toten auferweckt und ihm die Herrlichkeit verliehen hat, so daß euer Glaube zugleich auch Hoffnung auf Gott ist.

 

Bruderliebe und sittliche Reinheit. 22 Reinigt eure Seelen im Gehorsam gegen die Wahrheit zu ungeheuchelter Bruderliebe, liebet einander innig mit aufrichtigem Herzen! 23 Seid ihr doch wiedergeboren nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen durch das lebendige und bleibende Wort Gottes. 24 Denn alles Fleisch ist wie Gras und all seine Herrlichkeit wie des Grases Blume. Das Gras verdorrt und die Blume fällt ab. 24: Vgl. Jak 1,10-11. 25 Doch des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit (Is 40,6. 7). Das ist das Wort, das euch als Heilsbotschaft verkündet worden ist.

 

2 Festhalten an Christus. So legt denn ab alle Bosheit, alle Arglist, Heuchelei, Neid und alle bösen Nachreden! Wie neugeborene Kinder tragt Verlangen nach der geistigen lauteren Milch, damit ihr durch dieselbe zum Heile heranwachset. Ihr habt ja schon gekostet, wie gut der Herr ist (Ps 34,9). Zu ihm tretet hinzu als zu dem lebendigen Stein, der zwar von Menschen verworfen worden, bei Gott aber als auserlesen und kostbar gilt. Als lebendige Steine lasset euch selbst aufbauen zu einem geistigen Tempelbau, zu einer heiligen Priesterschaft, um geistige Opfer darzubringen, die Gott um Jesu Christi willen wohlgefällig sind. Deswegen heißt es auch in der Schrift: Siehe, ich lege in Sion einen auserlesenen, kostbaren Eckstein; wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden (Is 28,16). Euch nun, die ihr gläubig seid, wird die Ehre zuteil; den Ungläubigen aber gilt: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden und ein Stein des Anstoßes und ein Fels, über den man fällt (Is 8,14); sie stoßen sich daran, weil sie dem Worte nicht gehorchen. Das war ihnen ja bestimmt. 8: Es ist hier keineswegs im Sinne von Calvin behauptet, die ungläubigen Juden seien vorherbestimmt worden zur Sünde, sondern nur, daß ihnen im Falle ihrer Sünde die Strafe vorherbestimmt wurde. 4-8: Vgl. Mt 21,42-44. Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliger Stamm, ein Gott zugeeignetes Volk, ihr sollt die Großtaten dessen verkünden, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat. 9: Die Christen sind eine königliche Priesterschaft: Könige, weil zur Herrschaft im Himmel berufen, Priester, weil von Gott geweiht, um die geistigen Opfer der Anbetung, der Verdemütigung, der Selbstverleugnung, kurz der guten Werke überhaupt darzubringen. Jeder Christ empfängt in der heiligen Firmung das Sakrament des Laienpriestertums, um in der Zusammenarbeit mit dem amtlichen Priestertum am Aufbau des Gottesreiches mitzuwirken. 10 Einst waret ihr kein Volk, jetzt seid ihr das Volk Gottes, einst Nichtbegnadigte, jetzt seid ihr Begnadigte (Os 1,6. 9; 2,3. 25).

 

Christliche Pflichtenlehre

11 Geliebte! Ich ermahne euch als Fremdlinge und Pilger: Enthaltet euch der fleischlichen Lüste, die gegen die Seele streiten! 12 Führet einen ehrbaren Lebenswandel unter den Heiden! Sie sollen, während sie euch als Übeltäter schmähen, eure guten Werke sehen und um ihretwillen am Tage der Heimsuchung Gott die Ehre geben.

 

Pflichten gegen die Obrigkeit. 13 Unterwerfet euch um des Herrn willen jeglicher menschlichen Ordnung, sowohl dem König als dem obersten Herrn, 14 als auch den Statthaltern, weil sie von ihm zur Bestrafung der Übeltäter und zum Lobe der Rechtschaffenen entsandt sind. 15 Denn das ist der Wille Gottes, daß ihr durch einen rechtschaffenen Wandel den Unverstand der törichten Menschen zum Schweigen bringt. 16 Ihr seid Freie, aber ihr dürft die Freiheit nicht zum Deckmantel der Bosheit machen, sondern müßt euch als Diener Gottes zeigen. 17 Erweiset jedermann Achtung, liebet die Brüder, fürchtet Gott, ehret den König! 17: Das N. T. schärft die Pflicht des Gehorsams gegen die Obrigkeit wiederholt ein, obwohl die christliche Religion vor dem römischen Staatsrecht als unerlaubt galt. Vgl. 1 Tim 2,1-3.

 

Pflichten der Sklaven. 18 Ihr Sklaven unterwerfet euch in aller Furcht euren Herren, nicht bloß den gütigen und milden, sondern auch den launenhaften. 19 Denn das ist wohlgefällig, wenn einer im Gedanken an Gott Trübsal erträgt und Unrecht leidet. 20 Was für ein Ruhm wäre es doch, wenn ihr wegen eurer Sünden Züchtigung aushalten müßtet! Nein! Wenn ihr Gutes tut und dabei Leiden zu ertragen wißt — das ist wohlgefällig vor Gott. 21 Dazu seid ihr ja berufen; denn auch Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel hinterlassen, damit ihr in seine Fußstapfen tretet. 22 Er hat keine Sünde getan, und kein Trug ist in seinem Munde gefunden worden (Is 53,9). 23 Da er gescholten wurde, schalt er nicht wieder, da er litt, drohte er nicht, sondern stellte seine Sache dem gerechten Richter anheim. 23: Christus wehrte sich nicht gegen das Unrecht, sondern vertraute darauf, daß der Vater im Himmel ihm Recht verschaffen werde. Der lateinische Text spricht vom „ungerechten Richter“ (= Pilatus), dem sich Christus freiwillig überließ. 24 Er hat unsere Sünden an seinem Leibe auf das Holz hinaufgetragen, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt worden (Is 53,6). 25 Denn ihr waret wie irrende Schafe; jetzt aber seid ihr zurückgekehrt zum Hirten und Hüter eurer Seelen.

 

3 Belehrung für die Ehegatten. Ebenso ihr Frauen, seid euren Männern untertan, damit diese, wenn sie etwa dem Worte nicht gehorchen, durch den Wandel ihrer Frauen ohne Worte gewonnen werden, wenn sie euren in Gottesfurcht keuschen Wandel beobachten. Euer Schmuck bestehe nicht in Äußerlichem, in künstlichem Haargeflecht, in goldenem Geschmeide oder Kleiderpracht, sondern es sei der verborgene, innerliche Mensch mit einem allezeit sanften und milden Sinn; der hat hohen Wert in Gottes Augen. So schmückten sich einstmals auch die heiligen Frauen, die auf Gott hofften; sie waren ihren Männern untertan. So gehorchte Sara dem Abraham, indem sie ihn „Herr“ nannte. Ihre Kinder seid ihr geworden, wenn ihr Gutes tut und euch durch keine Drohung einschüchtern laßt. 1-6: Von dem Einfluß einer frommen, keuschen und allzeit gütigen Frau auf ihren Mann erwartet der Apostel mehr als von der Predigt des Missionars. Gleicherweise sollt ihr Männer einsichtsvoll zusammenleben mit den Frauen als den schwächeren Geschöpfen, erweiset ihnen Achtung als den Miterben der Gnade des Lebens, damit eure Gebete nicht gestört werden. 7: Nur dort, wo die Eheleute sich in heiliger Ehrfurcht als Gotteskinder begegnen, kann im Familienleben das Gebet die rechte Pflege finden.

 

Ermahnungen für alle. Seid endlich alle einträchtig, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig! Vergeltet nicht Böses mit Bösem, noch Schmähung mit Schmähung! Im Gegenteil, segnet, weil ihr ja dazu berufen seid, Segen zu ererben. 10 Denn wer seines Lebens froh werden und gute Tage haben will, der halte seine Zunge von Bösem fern und seine Lippen von trügerischem Gerede; 11 er wende sich weg vom Bösen und tue Gutes, er suche Frieden und trachte ihm nach. 12 Denn die Augen des Herrn sind auf die Gerechten gerichtet, und seine Ohren hören auf ihr Flehen; das Angesicht des Herrn aber wendet sich wider die Übeltäter (Ps 34,13-17). 13 Wer könnte euch auch Übles zufügen, wenn ihr eifrig nach dem Guten trachtet? 14 Indes, wenn ihr auch um der Gerechtigkeit willen leiden müßtet, Heil euch! Fürchtet euch nicht vor ihrer Drohung und laßt euch nicht bange machen! 15 Den Herrn Christus aber heiligt in euren Herzen und seid allezeit zur Verantwortung bereit einem jeden gegenüber, der von euch Rechenschaft über eure Hoffnung fordert. 16 Aber bewahrt dabei Sanftmut und Ehrfurcht und haltet euer Gewissen rein, damit die, welche euren guten Wandel in Christus schmähen, gerade darin beschämt werden, worin ihr verleumdet werdet. 17 Denn es ist besser, wenn es nun doch einmal Gottes Wille sein sollte, ihr leidet wegen guter als wegen böser Taten. 13-17: Das vorbildliche Leben der Christen ist die beste Werbung für den Glauben; aber es sichert die Gläubigen nicht immer vor der Verfolgung durch die Böswilligen. Vgl. Mt 5,10-12.

 

Das unschuldige Leiden des Heilandes als Vorbild. 18 Ist ja doch auch Christus einmal für unsere Sünden gestorben, der Gerechte für Ungerechte, damit er uns zu Gott führe; dem Fleisch nach wurde er getötet, dem Geist nach aber lebendig gemacht. 19 Im Geiste ging er auch hin und predigte den Seelen im Gefängnis, 20 die einst ungläubig gewesen waren zur Zeit, als Gottes Langmut zuwartete in den Tagen Noes, als die Arche gebaut wurde. In ihr wurden nur wenige, nämlich acht Seelen, durch das Wasser hindurch gerettet. 20: Es scheint vorausgesetzt zu sein, daß die ungläubigen Zeitgenossen des Noe durch die Sintflut Kraft der vorausgegangenen Predigt des Noe zu Glauben und Buße geführt und so ewig gerettet wurden. Zu ihnen stieg die Seele Christi vor der Auferstehung in die Vorhölle hinab. 21 Sein Gegenbild, die Taufe, errettet jetzt auch euch. Denn sie ist nicht ein Ablegen körperlichen Schmutzes, sondern eine Anrufung Gottes um ein gutes Gewissen durch die Kraft der Auferstehung Jesu Christi. 22 Er sitzet zur Rechten Gottes, nachdem er [den Tod verschlungen hat, damit wir Erben des ewigen Lebens würden, und] aufgefahren ist in den Himmel, wo ihm Engel, Mächte und Gewalten untertan sind.

 

4 Das Beispiel der Christen. Da Christus also im Fleische gelitten hat, so wappnet auch ihr euch mit derselben Gesinnung! Denn wer dem Fleische nach gelitten hat, hat mit der Sünde gebrochen, so daß er den Rest seiner irdischen Tage nicht mehr im Dienste menschlicher Gelüste verlebt, sondern nach dem Willen Gottes. Lange genug habt ihr in der Vergangenheit den Willen der Heiden vollbracht und in Ausschweifungen, Lüsten, Trunkenheit, Schmausen und Zechen und frevelhaftem Götzendienst gelebt. Es befremdet sie, daß ihr nicht mehr mit ihnen euch hineinstürzt in den Strudel eines liederlichen Lebens. Deshalb schimpfen sie über euch.

 

Das Gericht

Sie werden aber dem Rechenschaft geben müssen, der bereit steht, die Lebendigen und die Toten zu richten. Denn dazu ist auch Toten die Heilsbotschaft verkündet worden, damit sie zwar im Fleische nach Menschenart gerichtet werden, aber im Geiste leben nach Gottes Art.

 

Ermahnung zur Frömmigkeit. Das Ende aller Dinge hat sich genähert, seid daher besonnen und nüchtern, um beten zu können. Vor allem aber habt einander innig lieb, denn die Liebe deckt eine Menge Sünden zu. Übt Gastfreundschaft gegeneinander ohne Murren! 10 Dienet einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als gute Verwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes! 11 Hat einer die Redegabe, so trage er Gottes Wort vor; hat jemand ein Amt, so verwalte er es mit der Kraft, die Gott ihm schenkt, damit in allem Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus. Sein ist die Herrlichkeit und die Macht in alle Ewigkeit. Amen. 10-11: Es sind die in der christlichen Urkirche von Gott verliehenen außerordentlichen Gnadengaben, Charismen, gemeint. Nicht menschliches Geltungsbedürfnis soll durch sie befriedigt, sondern Gottes Ehre gefördert werden.

 

Ermahnung zur Geduld. 12 Geliebte! Stoßt euch nicht an der Feuerprobe, die zur Läuterung über euch kommt, als ob euch etwas Befremdliches damit widerfahre! 13 Nein, freut euch vielmehr in dem Maße, als ihr an Christi Leiden teilnehmen dürft, damit ihr bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne habet. 14 Werdet ihr um des Namens Christi willen geschmäht — dann Heil euch! Denn der Geist der Herrlichkeit, der Geist Gottes ruht auf euch. 15 Sehet zu, daß ja keiner von euch als Mörder oder Dieb oder Übeltäter oder wegen unbefugter Einmischung in fremde Angelegenheiten (als Spitzel?) zu leiden habe; 16 wenn er aber als Christ leidet, braucht er sich nicht zu schämen; vielmehr verherrliche er Gott durch diesen Namen. 16: Hier wird bereits der Name „Christ“ als Ehrenname betrachtet. Die Heiden hatten ihn wohl zuerst als Schimpfwort geprägt in Antiochien (Apg 11,26; 26,28). 17 Denn es ist Zeit, daß das Gericht bei dem Hause Gottes seinen Anfang nimmt. Wenn es aber zuerst zu uns kommt, was wird das Ende sein bei denen, welche der Heilsbotschaft Gottes nicht gehorchen? 18 Und wenn der Gerechte kaum gerettet wird, wo wird der Gottlose und der Sünder bleiben? 19 So mögen dann die, welche nach Gottes Willen leiden, dem getreuen Schöpfer ihre Seelen dadurch anbefehlen, daß sie Gutes tun. 12-19: Immer wieder schärft der Apostel den jungen Christengemeinden ein, daß die Berufung zum Christentum keinen Freibrief gegen Leiden und Verfolgungen auf Erden bedeute, daß vielmehr gerade das unschuldige Leiden um Christi willen ein Zeichen der Auserwählung, also ein Grund zur Freude sei.

 

5 Mahnungen an die kirchlichen Vorsteher. Die Ältesten unter euch mahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden Christi, aber zugleich auch der Genosse der einst sich offenbarenden Herrlichkeit: Weidet die euch anvertraute Herde Gottes und wachet über sie, nicht gezwungen, sondern aus freien Stücken nach Gottes Absichten; nicht aus schnöder Gewinnsucht, sondern mit Hingebung. Zeigt euch nicht als Gewaltherrscher gegen die euch Anvertrauten, sondern als Vorbilder der Herde! Wenn dann einmal der Oberhirte erscheint, werdet ihr den unverwelklichen Ehrenkranz davontragen. Ihr Jüngeren sodann, seid den Ältesten untertan! Ihr alle aber traget im gegenseitigen Verkehr das Kleid der Demut; denn Gott widersteht den Hoffärtigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.

 

Mahnung zur Demut und Wachsamkeit. Demütigt euch also unter die machtvolle Hand Gottes, daß er euch zur rechten Zeit erhöhe! Alle eure Sorge werfet auf ihn, denn er sorgt für euch. Seid nüchtern und wachet! Denn euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlinge. Widersteht ihm standhaft im Glauben! Wisset, daß dieselben Leiden über eure Brüder in der Welt kommen. 8-9: Täglich wiederholt die Kirche im liturgischen Abendgebet (Komplet) diesen Aufruf zur Wachsamkeit und zum Kampfe. 10 Der Gott aller Gnade aber, der euch in Christus zu einer ewigen Herrlichkeit berufen hat, wird euch nach kurzem Leiden selber ausrüsten, kräftigen, stärken und auf festen Grund stellen. 11 Sein ist die [Herrlichkeit und die] Macht in alle Ewigkeit! Amen.

 

Persönliches Schlußwort. 12 Durch Silvanus, den treuen Bruder, wie ich ihn schätze, habe ich euch in Kürze geschrieben zur Mahnung und Bezeugung, daß dies die wahre Gnade Gottes ist, worin ihr steht. 13 Es grüßt euch die mitauserwählte Gemeinde in Babylon und mein Sohn Markus. 13: Unter Babylon ist die Stadt Rom zu verstehen, die mehr und mehr dem alttestamentlichen Babylon, der den Juden feindlichen Hauptstadt, sich ähnlich zeigte und schließlich zum Mittelpunkte der Christenverfolgung wurde. 14 Grüßet einander mit dem Kuß der Liebe! Frieden sei mit euch allen, die ihr in Christus [Jesus] seid! [Amen.]