Word: Jakobus

 

Der Brief des Jakobus

Einleitung

Im Verzeichnis der neutestamentlichen Schriften folgt auf die Briefe des hl. Paulus eine Gruppe von sieben Schreiben, die unter dem Namen „Katholische Briefe“ zusammengefaßt werden: Der Jakobusbrief, zwei Petrusbriefe, drei Johannesbriefe und der Judasbrief. Katholische Briefe heißen sie, weil sie nicht wie die Paulusbriefe an eine Einzelgemeinde, eine bestimmte Gruppe von Gemeinden oder an eine Einzelperson gerichtet, sondern, wie es der Bedeutung des Wortes „katholisch“ entspricht, für die Allgemeinheit bestimmt sind. Dabei werden der zweite und dritte Johannesbrief wegen des gleichen Verfassers in die Gruppe einbezogen. Sie heißen auch „kanonische Briefe“. Der Verfasser des an erster Stelle stehenden Jakobusbriefes ist der Apostel Jakobus der Jüngere, der Sohn des Alphäus. Durch seine Mutter war er mit Jesus verwandt und wird darum der „Bruder des Herrn“ genannt. Als Bischof von Jerusalem genoß er höchstes Ansehen. Im Jahre 62 starb er den Marterod. Er richtete sein apostolisches Sendschreiben an „die zwölf Stämme in der Zerstreuung“, d. h. an die in der Diaspora lebenden Judenchristen. Aus ernstem Verantwortungsbewußtsein warnt er sie vor einem Glauben ohne Werke, vor leichtfertigem Reden, Klassengeist und Verzagtheit. In rechter Liebe sollen sie nach wahrer Weisheit streben und durch Gebet und gute Werke einander helfen. Der Brief ist zwischen den Jahren 48-62 geschrieben worden.

 

Jakobus, Knecht Gottes und des Herrn Jesus Christus, sendet den zwölf Stämmen in der Zerstreuung seinen Gruß.

 

Über die Versuchungen

Nutzen der Versuchung. Erachtet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen geratet. Wisset, daß die Prüfung eures Glaubens Geduld wirkt; die Geduld aber soll ein Werk vollenden, damit ihr vollkommen werdet und untadelhaft und in keiner Beziehung versagt.

 

Gebet um Weisheit. Wenn es einem von euch an Weisheit mangelt, so erbitte er sie von Gott, der allen ohne weiteres gibt und nichts vorhält — und sie wird ihm gegeben werden. Er bitte aber in gläubigem Vertrauen und zweifle nicht, denn wer zweifelt, der gleicht einer Meereswelle, die vom Wind bewegt und umhergetrieben wird. Ein solcher Mensch soll nicht glauben, daß er etwas vom Herrn empfange. Er ist ja ein Mann mit geteiltem Herzen und unbeständig auf allen seinen Wegen. 5-8: Diesem vertrauensvollen Gebet hat Jesus Erhörung zugesichert. Vgl. Mk 11,22-24. Der Bruder in niedriger Stellung rühme sich wegen seiner Hoheit,10 der Reiche wegen seiner Niedrigkeit; denn wie eine Blume auf der Wiese wird er vergehen. 9: Heiliges Selbstbewußtsein, wie es dem Gotteskind ziemt, soll jeden Christen erfüllen, nicht törichte Überheblichkeit. 11 Die Sonne geht auf mit ihrer Glut und versengt das Gras; und seine Blüte fällt ab, und die Schönheit ihres Anblicks ist dahin. So wird auch der Reiche auf seinen Wegen dahinwelken.

 

Gott nicht Urheber der Versuchung. 12 Selig der Mann, der in der Versuchung standhält. Wenn er sich bewährt hat, wird er die Krone des Lebens empfangen, die der Herr denen verheißen hat, die ihn lieben. 13 Keiner sage, wenn er versucht wird: Von Gott werde ich versucht. Gott kann nicht zum Bösen versucht werden, er versucht auch selbst niemand. 14 Vielmehr wird ein jeder versucht, indem er von seiner eigenen Lust gereizt und verlockt wird. 15 Alsdann, wenn die Lust empfangen hat, gebiert sie Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod. 16 Täuschet euch nicht, meine lieben Brüder! 17 Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Lichter, bei dem kein Wandel ist und kein Schatten der Veränderung. 18 Aus freiem Willen hat er uns ins Leben gerufen durch das Wort der Wahrheit, damit wir gleichsam Erstlinge seiner Geschöpfe seien. 14 f: Der freie Wille ist gleichsam der Vater, die böse Begierlichkeit die Mutter der Sünde

 

Mahnung zu werktätigem Glauben

19 Wisset es, meine vielgeliebten Brüder: Jeder Mensch sei schnell bereit zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorne. 20 Denn der Zorn eines Mannes tut nicht, was vor Gott gerecht macht. 21 Leget darum ab alle Unreinigkeit, alles Böse, das noch in euch ist; in Sanftmut nehmet das eingepflanzte Wort auf, das eure Seelen retten kann.

 

Täter des Wortes. 22 Werdet Vollbringer des Wortes, nicht bloß Hörer, sonst würdet ihr euch selbst betrügen. 23 Wer ein Hörer des Wortes ist und kein Vollbringer, der gleicht einem Manne, der sein natürliches Aussehen im Spiegel betrachtet, 24 dann aber, wenn er sich betrachtet hat, weggeht und gleich vergißt, wie er aussah. 25 Wer aber hineinschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit und dabei verharrt, wer kein vergeßlicher Hörer, sondern ein tätiger Vollbringer ist, der wird selig werden in seinem Tun. 26 Wenn einer meint, er sei religiös, dabei aber seine Zunge nicht zügelt und so sich selbst betrügt, dessen Frömmigkeit ist wertlos. 27 Eine reine und makellose Frömmigkeit vor Gott dem Vater ist es, wenn man Waisen und Witwen in ihrer Not besucht und sich selbst unbefleckt bewahrt von dieser Welt. 26-27: Die Zunge zügeln, werktätige Liebe üben und nicht ein „Weltmensch“ sein, sind drei unerläßliche Stücke echter Relgiosität, ohne daß damit alle Pflichten erschöpft wären; denn Gott schreibt vor, wie wir ihn zu verehren haben. Es ist nicht in unser Belieben gestellt.

 

2 Verhalten gegen reich und arm ohne Ansehen der Person. Meine Brüder, haltet euren Glauben an unseren Herrn der Herrlichkeit, Jesus Christus, frei von Menschenrücksichten. Wenn nämlich in eure Versammlung ein Mann mit goldenem Ring, mit prächtigem Gewand eintritt und zugleich ein Armer in schmutzigem Kleide, und ihr schaut dann auf den mit dem prächtigen Gewande und sagt zu ihm: Du, mach es dir hier bequem, während ihr zu dem Armen sagt: Du bleib dort stehen, oder: Setz dich unten an meinen Fußschemel, habt ihr da nicht in euch ein parteiisches Urteil gefällt, seid zu Richtern geworden, geleitet von bösen Gedanken? Höret es, meine vielgeliebten Brüder! Hat nicht Gott die Armen in dieser Welt auserwählt zu Reichen im Glauben und Erben des Reiches, das er denen verheißen hat, die ihn lieben? Ihr aber habt dem Armen die Ehre genommen. Sind es nicht gerade die Reichen, die euch gewaltsam unterdrücken und euch vor die Gerichte schleppen? Lästern nicht sie den erhabenen Namen, der [in der Taufe] über euch angerufen wurde? Ja, wenn ihr das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst, — dann tut ihr recht. 8: Der schöne Titel „königliches Gesetz“ hebt die Erhabenheit und allgemeine Verpflichtung des Gebotes der Nächstenliebe hervor. Wenn ihr aber Menschenrücksichten walten lasset, dann begehet ihr Sünde und werdet vom Gesetze als Übertreter überführt. 10 Denn wer das ganze Gesetz hält, aber in einem einzigen Stück fehlt, der verfehlt sich gegen das Ganze. 11 Der nämlich gesagt hat: Du sollst nicht ehebrechen, der hat auch gesagt: Du sollst nicht töten. Wenn du also zwar die Ehe nicht brichst, aber tötest, so bist du ein Übertreter des Gesetzes geworden. 12 So redet denn und handelt als solche, die durch das Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen. 13 Denn ein Gericht ohne Erbarmen wird über den ergehen, der kein Erbarmen geübt hat. Barmherzigkeit aber kann stolz auf das Gericht herabschauen.

 

Glaube ohne Werke tot. 14 Was hilft es, meine Brüder, wenn einer sagt, daß er Glauben habe, wenn er keine Werke hat? Kann etwa der Glaube ihn seligmachen? 15 Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleider sind und Mangel leiden am täglichen Unterhalte, 16 und einer von euch sagt zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch — ihr gebet ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen — was nützt das? 17 Also auch der Glaube, wenn er keine Werke hat; er ist tot für sich allein. 18 Ja, da könnte einer sagen: Du hast Glauben, ich habe Werke. Zeige mir deinen Glauben ohne Werke, und ich will dir aus meinen Werken meinen Glauben zeigen. 19 Du glaubst, daß ein einziger Gott ist. Du tust wohl; auch die bösen Geister glauben und zittern. 19: Die bösen Geister müssen glauben und einsehen, daß es nur einen Gott gibt, aber dieser Glaube rechtfertigt und beseligt sie nicht, sondern erfüllt sie mit Furcht vor dem Gerichte und der Strafe. 20 Willst du wohl erkennen, du törichter Mensch, daß der Glaube ohne Werke wirkungslos ist? 21 Ist unser Vater Abraham nicht aus Werken gerechtfertigt worden, als er seinen Sohn Isaak auf dem Altare opferte? 22 Du siehst, daß der Glaube mit seinen Werken zusammenwirkte und daß durch die Werke der Glaube erst vollendet wurde. 23 So erfüllte sich das Schriftwort: Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Gottes Freund genannt (1 Mos 15,6). 24 Ihr seht also, daß der Mensch durch Werke gerechtfertigt wird und nicht durch den Glauben allein. 25 Wurde nicht ebenso Rahab, die Buhlerin, durch Werke gerechtfertigt, da sie die Kundschafter aufnahm und auf einem andern Weg fortschaffte? (Jos 2,4.) 26 Gleichwie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot. 14-26: Der Apostel denkt wohl an solche Leser seines Briefes, die der Ansicht sind, wenn sie mit innerer Überzeugung an der göttlichen Offenbarung festhalten, so sei dies genügend. Diesen sagt der Apostel, ein solcher Glaube ist wohl etwas Gutes, aber er kann nicht das ewige Heil verleihen. Der Glaube muß praktisch betätigt werden durch die Erfüllung der göttlichen Gebote, besonders der Nächstenliebe. — Ein Widerspruch mit der Lehre des heiligen Paulus, der sagt, daß der Mensch durch den Glauben und nicht durch die Werke des Gesetzes gerechtfertigt werde, liegt nicht vor. Der heilige Paulus verwirft nur die Werke des alttestamentlichen Gesetzes. Denn auch der heilige Paulus verlangt einen Glauben, der sich durch die Werke betätigt. — Zum rechten Glauben gehört die Liebe; denn der Glaube ist mehr als bloßes Fürwahrhalten; er ist eine übernatürliche Tugend, die das ganze Leben formt. Religion ohne Konfession ist ein Unding; denn die Form der Religion hat nicht der Mensch, sondern Gott zu bestimmen.

 

Warnung vor Zungensünden

3 Schwierigkeiten. Meine Brüder! Tretet nicht viel als Lehrer auf. Ihr wißt, daß wir damit nur ein um so strengeres Gericht auf uns laden. Wir fehlen alle ohnehin schon genug. Wer in Worten nicht fehlt, der ist ein vollkommener Mann, fähig, auch den ganzen Leib im Zaume zu halten. Wenn wir den Pferden die Zäume ins Maul legen, damit sie uns folgen, so lenken wir ihren ganzen Körper. Seht, auch die Schiffe, so groß sie sind und obgleich sie von starken Winden getrieben werden — sie werden von einem ganz kleinen Steuer gelenkt, wohin der Druck des Steuermannes will. So ist auch die Zunge ein kleines Glied, darf sich aber doch großer Dinge rühmen. Seht, ein kleiner Funke — wie groß der Wald, den er in Brand steckt! Auch die Zunge ist ein Feuer, eine Welt von Ungerechtigkeit. Die Zunge ist unter unsern Gliedern das Organ, das den ganzen Leib befleckt und das Lebensrad in Brand steckt, sie, die selbst von der Hölle ihr Feuer empfängt. 6: Durch das verheerende Feuer der Sünde bringt die Zunge Verderben in das Leben des Menschen hinein, ist so ein Werkzeug der Hölle. Jegliche Art der Landtiere und Vögel, der kriechenden Tiere und der Seetiere wird gebändigt und ist gebändigt worden durch die menschliche Natur. Die Zunge aber kann kein Mensch bändigen, das nimmermüde Übel todbringenden Giftes. Mit ihr preisen wir den Herrn und Vater, und mit ihr verfluchen wir die Menschen, die nach Gottes Ebenbild geschaffen sind. 10 Aus demselben Munde geht Segen und Fluch hervor. Das, meine Brüder, sollte nicht so sein! 11 Läßt denn die Quelle aus derselben Öffnung süßes und bitteres Wasser hervorsprudeln? 12 Kann denn, meine Brüder, ein Feigenbaum Oliven oder ein Weinstock Feigen tragen? So kann auch keine Salzquelle süßes Wasser geben.

 

Von der wahren Weisheit. 13 Wer ist weise und verständig unter euch? Er zeige durch seinen guten Wandel seine Werke in weiser Sanftmut. 14 Wenn ihr aber bittere Eifersucht und Hader in eurem Herzen habet, dann rühmt euch nicht und lüget nicht wider die Wahrheit. 15 Das ist nicht die Weisheit, die von oben kommt, sondern die irdische, sinnliche, teuflische. 16 Denn wo falscher Eifer und Hader sind, da gibt es Unfrieden und allerlei böse Händel. 17 Die Weisheit, die von oben kommt, ist vor allem lauter, dann friedfertig, bescheiden, nachgiebig, [dem Guten hold,] voll Erbarmen und guter Früchte, frei von Parteilichkeit, ohne Heuchelei. 18 Frucht der Gerechtigkeit wird in Friede gesät für jene, die Frieden halten.

 

Ermahnungen

4 Warnung vor Neid und Streit. Woher kommen Streitigkeiten und Kämpfe unter euch? Woher anders als von euren Begierden, die da streiten in euren Gliedern? Ihr begehrt und kommt nicht zum Besitz; ihr mordet und neidet und könnet nicht erlangen; ihr streitet und kämpft und erhaltet nicht, weil ihr nicht betet. Ihr betet und erlanget nicht, weil ihr schlecht betet, um es in euren Lüsten zu verbrauchen. Ihr Ehebrecher! Wißt ihr nicht, daß die Freundschaft mit dieser Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer also Freund dieser Welt sein will, der wird ein Feind Gottes. 4: Ehebrecher im übertragenen, geistigen Sinne ist der Sünder, der Gott die Treue nicht hält und sich an die Welt hängt. Oder meint ihr, daß die Schrift umsonst sagt: Voll Eifersucht verlangt er nach dem Geiste, den er in uns Wohnung nehmen ließ. Um so größer ist auch die Gnade, die er schenkt. Deshalb spricht die Schrift: Gott widersteht den Hoffärtigen, den Demütigen aber gibt er Gnade (Spr 3,34). 5-6: Nicht im Wortlaut, aber dem Sinne nach ist dieser Gedanke im Alten Testament oft ausgesprochen; Gott verlangt Gegenliebe von dem Menschen, und zwar die ganze, ungeteilte Liebe. Wir gehören ihm zu eigen, nicht einem andern. Er kennt unsere Schwachheit und bemißt danach seine Gnade für die Demütigen. Unterwerfet euch also Gott! Widersteht dem Teufel, so wird er von euch fliehen. Nahet euch Gott, und er wird sich euch nahen, reinigt die Hände, ihr Sünder, läutert die Herzen, ihr Menschen mit geteilter Seele! Fühlet euer Elend, trauert und weinet; euer Lachen soll sich in Klagen und eure Freude in Trauer verwandeln. 10 Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhen.

 

Warnung vor dem Richten über andere. 11 Redet einander nicht übel nach meine Brüder! Wer seinen Bruder lästert oder richtet, der lästert und richtet das Gesetz. Wenn du aber das Gesetz richtest, dann bist du nicht Vollbringer, sondern Richter des Gesetzes. 12 Nur einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der Macht hat zu retten und zu verderben. Du aber, wer bist du, daß du den Nächsten richtest? Wohlan! 13 Ihr sagt: Heute oder morgen werden wir in die und die Stadt reisen und da ein Jahr zubringen, Handel treiben und Gewinn machen — 14 ihr wißt doch gar nicht, was der morgige Tag bringt. Was ist denn euer Leben? Ein Dunst seid ihr, der eine kleine Weile sichtbar ist und dann verschwindet. — 15 Ihr sollt lieber sagen: Wenn der Herr will und wir noch das Leben haben, dann werden wir dies oder jenes tun. 16 Nun aber prahlt ihr in eurem Übermut. Jedes Prahlen dieser Art ist böse. 17 Wer also versteht, Gutes zu tun und tut es nicht, dem ist´s Sünde.

 

5 Warnung an die Reichen. Wohlan, ihr Reichen! Weinet und klaget über das Elend, das über euch kommen wird. Euer Reichtum ist vermodert, eure Gewänder sind Mottenfraß geworden. Euer Gold und Silber ist verrostet, und ihr Rost wird ein Zeugnis wider euch sein und wie Feuer euer Fleisch verzehren. Noch in der Endzeit habt ihr Schätze aufgehäuft. Sehet, der Lohn, den ihr den Arbeitern, die eure Felder eingeerntet haben, vorenthalten habt, er schreit, und der Schrei der Schnitter ist zu den Ohren des Herrn der Heerscharen gedrungen.4: Die Habsucht wird zur „himmelschreienden Sünde“, wenn der Habsüchtige den Arbeitern den wohlverdienten Lohn vorenthält. Ihr habt auf Erden gepraßt und geschwelgt, ihr habt eure Herzen gemästet am Schlachttag. Ihr habt den Gerechten verurteilt und gemordet und er widersetzt sich euch nicht.

 

Ermahnung zum geduldigen Ausharren. So harret denn aus, meine Brüder, bis zur Ankunft des Herrn. Siehe, der Landmann wartet auf die köstliche Frucht der Erde, er harrt in Geduld, bis sie Früh- oder Spätregen bekommt. So seid auch ihr geduldig; stärket eure Herzen, denn die Ankunft des Herrn ist nahe. 8: Sowohl für den einzelnen Christen als für die ganze Christenheit ist die Zeit des Streitens und Leidens kurz im Vergleich zur Ewigkeit. Klaget nicht gegeneinander, meine Brüder, damit ihr nicht dem Gerichte verfallet. Siehe, der Richter steht vor der Türe. 10 Meine Brüder! Nehmet euch zum Vorbild im Leiden und Dulden [bei einem harten Tod] die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben. 11 Sehet, wir preisen die selig, die ausgehalten haben. Von der Geduld des Job habt ihr gehört, und den durch den Herrn herbeigeführten Ausgang kennt ihr; denn barmherzig ist der Herr und voll Mitleid.

 

Schlußermahnungen. 12 Meine Brüder! Vor allem schwöret nicht, weder beim Himmel noch bei der Erde, noch sonst einen Eid. Euer Ja sei ein Ja, und euer Nein sei ein Nein, damit ihr nicht dem Gerichte verfallet. 12: Leichtfertiges Schwören verrät Mangel an Wahrhaftigkeit. Auf das Ja oder Nein eines Christen muß sich jeder verlassen können. Vgl. Mt 5,34-37. 13 Ist jemand unter euch unglücklich? Er bete! Ist jemand guten Mutes? Er singe Loblieder!

 

Verhalten der Kranken. 14 Ist jemand unter euch krank? Er rufe die Priester der Kirche zu sich, die sollen über ihn beten und ihn mit Öl salben im Namen des Herrn. 15 Das glaubensvolle Gebet wird dem Kranken zum Heile sein, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er etwa Sünden begangen hat, so wird ihm verziehen werden. 14-15: Die Salbung mit Gebet, die der Priester der Kirche im Namen, d. i. im Auftrag, in der Vollmacht des Herrn an den Kranken vornehmen soll, ist das Sakrament der heiligen Ölung. — Aus Vers 16 ersehen wir, daß auch ein Bekenntnis der Sünden notwendig ist. 16 Bekennet also einander eure Sünden und betet füreinander, auf daß ihr geheilt werdet. Viel vermag beharrliches Gebet des Gerechten. 17 Elias war ein Mensch wie wir [den Leiden unterworfen]. Er betete inständig, daß es nicht regnen solle, und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate. 18 Dann betete er abermals, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht (3 Kg 17,1; 18,45). 19 Meine Brüder! Wenn einer unter euch von der Wahrheit abgeirrt ist und es bringt ihn jemand zur Umkehr, 20 der wisse: Wer einen Sünder von seinem Irrwege zurückführt, der wird seine Seele vom Tode retten und eine Menge von Sünden bedecken.